Der Rost macht erst die Münze Wert

Anna Pietschmann

am Mittwoch, 30 März 2016

Eigentlich bin ich gar nicht so ein melancholischer Typ. Eigentlich..

Mein Vizsla geht jetzt straight auf die 10 zu. Er baut ab. Sowohl körperlich als auch geistig. Auf der einen Seite macht ihn das zu einem (noch) angenehmeren Hausgenossen. Vizslas können schon ein bisschen fordernd und einnehmend sein. Jedenfalls reicht es ihm, seine Streicheleinheiten und jeden Tag etwas leckeres Selbstgekochtes zu bekommen. Ansonsten pennt er eigentlich den ganzen Tag. Das kann ich eigentlich mit Sicherheit sagen: Ich hör ihn immer schnarchen.

So richtig lange Rausgehen will er gar nicht mehr. Naja, er will schon. Merkt aber dann doch recht schnell, dass man mit so einer 10 Jahre alten Hüfte dann doch nicht die ganze Zeit einen auf Clown machen kann und sollte. Tatsächlich reicht es ihm 2,3 mal die Woche eine große Runde durch den Park oder den Wald zu "laufen". Ab und zu packt es ihn nochmal und er kann sogar noch spielen, dann ist er ganz der Alte.

Alter Haudegen

Aber eigentlich, ganz ehrlich, von dem alten Void ist gar nicht mehr so viel übrig. Der Hund hört fast nichts mehr. Ich muss, wenn ich mich denn überhaupt verbal äußere, sehr laut sein. Glücklicherweise habe ich früh angefangen, ihm Signale mit Gesten zu geben. Das hilft aber auch nichts, wenn der Hund nur 2 Meter weit sehen kann.

Void wurde, als er 9 Monate alt war, von einem Auto angefahren. Die Ärzte sagten damals, dass er seine (vordere linke) Pfote mit Sicherheit verlieren würde und wir besser gleich amputieren sollten. Nervenschaden. Ich weigerte mich.

6 Monate später benutzte er die Pfote wieder. 12 Monate später hat man seine Behinderung kaum noch gesehen. Begleitet hat sie ihn natürlich trotzdem bis heute und er kämpft natürlich immernoch damit.

Dieser Hund hat mich durch die besten Zeiten meines (bisherigen) Lebens begleitet. Er war immer bei mir. Es gibt viele Sachen, die dieser Hund erlebt hat für die ich mich nicht rühmen sollte, es nicht werde und sie nicht mal hier erwähne.

Wir sind zusammen gewachsen und ich denke, wenn Void hier einen Kommentar abgeben könnte, wäre das (hoffentlich) einer wie "Mach dir keine Platte Alter. Alles gut! Markknochen??"

Altersheim? Erhöhter Assistenzbedarf?

Die frage die sich mir stellt ist wie viel sollte man einem Rentner noch zumuten?

Zum nächsten Adriakustik will ich ihn eigentlich gar nicht mehr mitnehmen. Ich bin mir sicher, dass sieht er komplett anders. Aber vermutlich ist das nur noch Stress für einen Hund seines Alters.

Einfach mal übers Wochenende die Hängematte am See aufspannen und die Natur genießen? Grenzwertig. Das letzte Mal brauchte Void erstmal 2 Wochen Pause von allem.

Selbst die ever repeating Abendrunde, die eigentlich schon totale Routine sein sollte ist manchmal schon zu übefordernd für ihn. Vor ein paar Wochen ist er einfach in irgendeine Richtung gerannt, weil er mich nicht mehr gesehen hatte -- ich stand 3 Meter hinter ihm.

Gestern wollte er doch tatsächlich auf die Couch springen... Über den Couchtisch. Das ist unmöglich und hätte ich den Tisch nicht weggeschoben, hätte er es sicher versucht und sich weh getan...

Void ist natürlich charakterlich gereift. Er hat sich, wie alle in seinem Umfeld über die Zeit entwickelt und verändert. Er ist immernoch mein Void und ich bin mir fast sicher, dass es keinen Hund geben wird, der jemals wieder seinen Status erreichen wird. Natürlich wird er seinen Platz auf der Couch, an meinen Rücken oder an der Heizung immer zur Verfügung haben. Ich hoffe noch sehr lange.

Trotzdem scheint es, dass ich zugunsten des Hundes ein wenig zurückstecken sollte.

Alternativ, der Trend geht doch zum 4. Hund, oder...?