Helfen Lachsöl & Co. wenn dem Hund die Knochen schmerzen?

Anna Pietschmann

am Mittwoch, 20 Mai 2020

Erkrankungen der Gelenke treten bei Hunden leider sehr häufig auf. Gewöhnlich leiden die betroffenen Vierbeiner unter Schmerzen. Um diese zu lindern, gibt es verschiedene tiermedizinische Möglichkeiten. Viele Besitzer setzen zudem auf unterstützende Nahrungsergänzungsmittel. Oft erleichtern diese jedoch hauptsächlich den Geldbeutel und haben keine nachweisliche schmerzreduzierende Wirkung. Im Fall von Omega 3 Fettsäuren scheint es jedoch Hoffnung zu geben.

Arthrose und ihre Folgen

Laut Untersuchungen leiden erschreckende 20 Prozent der über einjährigen Hunde unter Arthrose.1 Fehlbildungen und Fehlbelastungen sind hierbei häufig die Ursache. Sie führen zu einem fortschreitenden Verschleiß der Gelenkknorpel, der in Schmerzen und Bewegungseinschränkungen resultiert. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel, welche die Schmerzen verringern und die Beweglichkeit verbessern sollen. Die Frage, welche dieser Mittel wirklich wirksam sind, kann nur durch kontrollierte Studien beantwortet werden. Denn gerade bei Problemen des Bewegungsapparates sind persönliche Erfahrungen und die Berichte anderer Halter sehr kritisch zu sehen. Das hat mehrere Ursachen. Oft schwankt die Schmerzhaftigkeit bei der Arthrose stark. So kann ein Hund über längere Zeiträume stärkere Schmerzen und dann wieder einige Wochen weniger Beschwerden haben. Wird kurz vor solch einer Phase von geringerer Schmerzhaftigkeit ein Mittel verabreicht, wird das Resultat nicht dem Zufall, sondern dem jeweiligen Mittel zugeordnet. Weiterhin neigen wir Menschen bei der Gabe eines Nahrungsergänzungsmittels dazu, uns ein verbessertes Gangbild oder weniger Schmerzen quasi einzubilden. Auch dann, wenn es objektiv gar keine Verbesserung gibt. Mehr zu dieser Problematik ist in den Blogposts “Wer heilt hat Recht Teil 2” und “Wer heilt hat Recht Teil 3” zu finden.

Wie wird ein Nahrungsergänzungsmittel getestet?

Um mittels einer Studie herauszufinden, ob ein Nahrungsergänzungsmittel die Schmerzen vom Hund verringert, muss diese bestimmte Kriterien aufweisen. Sie muss randomisiert, verblindet, und mit einer Placebo-Kontrollgruppe ausgestattet sein.

Das heißt, es muss im Rahmen der Untersuchung mindestens zwei Gruppen von Hunden geben, die beobachtet werden. In der einen Gruppe erhalten die Vierbeiner den zu testenden Wirkstoff, in der anderen ein reines Scheinmittel ohne Wirkung. Die Gruppe mit dem Scheinmittel wird die Placebogruppe genannt und ist notwendig, um herauszufinden, ob zu beobachtende Veränderungen wirklich auf den Wirkstoff zurückgehen. Wenn nicht, sind sie auch in der Placebogruppe zu beobachten. Dazu zählen Verbesserungen, die dem natürlichen Verlauf der Krankheit zuzuschreiben sind.

Weiterhin ist wichtig, dass alle der den Schmerzzustand bewerteten Personen nicht wissen, in welcher Gruppe sich der jeweilige Hund befindet. Denn die Hoffnung und Erwartung, dem Hund durch ein bestimmtes Mittel zu helfen, beeinflusst in vielen Fällen die Wahrnehmung. In einer Studie sahen beispielsweise Tiermediziner/innen in fast der Hälfte der Fälle eine Verbesserung des Gangbildes bei den zu untersuchenden Hunden. Die Tiere erhielten mehrere Wochen ein vermeintliches Schmerzmittel. Es handelte sich dabei jedoch um ein reines Scheinmedikament ohne Wirkstoff. Und auch die Messungen auf sogenannten Kraftmessplatten, die über die Entlastung einzelner schmerzhafter Gliedmaßen Aufschluss geben, zeigte keine objektive Verbesserung2. Dieser Effekt wird Caregiver-Placebo genannt. Wäre bekannt, welche Hunde das eigentliche zu testende Mittel bekommen und welche nicht, würde das mit hoher Wahrscheinlichkeit die Ergebnisse verfälschen. Bedingt durch den Caregiver-Placeboeffekt könnte dem Mittel dann eine Wirksamkeit zugeschrieben werden, die real gar nicht existiert.

Eine zufällige Zuteilung der Tiere in die jeweilige Wirkstoff- oder Placebogruppe ist ebenfalls notwendig. Das dient zum einen dazu, dass verschiedene, möglicherweise einen Einfluss habende Merkmale wie beispielsweise das Gewicht oder das Geschlecht gleichmäßig verteilt sind. Zum anderen wird so ein Manipulieren der Ergebnisse durch eine gezielte Auswahl der Testhunde verhindert.

Leider mangelt es vielen Studien zur Wirksamkeit von schmerzlindernden Nahrungsergänzungsmitteln an diesen notwendigen Bedingungen. Zudem demonstrieren zahlreiche die notwendigen Gütekriterien erfüllenden und qualitativ hochwertige Arbeiten vor allen Dingen eines: Der gute Ruf vieler Nahrungsergänzungsmittel ist nicht gerechtfertigt, weil keine positive Wirkung nachweisbar ist.

Omega-3-Fettsäuren gegen Schmerzen durch Arthrose

Die fortschreitende Zerstörung der Knorpel bei der Arthrose führt zu einer Entzündungsreaktion im Gelenk. Diese geht mit der vermehrten Freisetzung eines für Entzündungen typischen Hormons einher. Das Hormon, Prostaglandin E2, heftet sich an Sinneszellen, die für die Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind. Als Folge schmerzt das betroffene Gelenk. Die Schmerzen ziehen dann schnell auch das umliegende Gewebe in Mitleidenschaft. Die das Gelenk umgebende Muskulatur kann sich beispielsweise schmerzhaft verspannen.

Fischöl ist reich an Omega-3-Fettsäuren. Diese haben den Effekt, dass den schmerz- und entzündungsfördernden Prostaglandinen weniger Baustoff zur Verfügung steht. Dieser Baustoff ist ebenfalls eine Fettsäure, die Arachidonsäure. Weniger Arachidonsäure-weniger Schmerzen und Entzündungen, so die Theorie. Ob die Zufütterung von Fischöl tatsächlich einen schmerzreduzierenden Effekt hat und zu weniger entzündungsfördernden Stoffen im Hundekörper führt, wurde in verschiedenen Studien untersucht.

Fischöl unter der Lupe

In einer Untersuchung wurden 87, über zwei Jahre alte und unter Arthrose leidende Hunde für eine Studie rekrutiert. Die teilnehmenden Tiere wurden per Zufall einer von zwei Gruppen zugeteilt. Entweder in die Gruppe, die Fischöl gefüttert bekam oder in die Kontrollgruppe. Als Scheinmittel wurde in der Kontrollgruppe ein identisch aussehendes Öl zur Fütterung verwendet.

Im Rahmen der Studie sind dann verschiedenen Bewertungssystemen zum Einsatz gekommen, die ermöglichen den Grad der Beschwerden, Schmerzen und die Beweglichkeit der betroffenen Gelenke zu klassifizieren. Die Hunde in beiden Gruppen wurden diesbezüglich von einem unabhängigen Gutachter eingeschätzt. Zusätzlich erfolgten Blutkontrollen, um die Menge an einigen entzündungsfördernden Stoffen im Blut zu ermitteln.

Nach 84 Tagen zeigte sich in Fischöl-Gruppe eine signifikante Verbesserung der Lahmheit und ein Rückgang weiterer, durch die Arthrose entstehende Beschwerden. Zudem war die Konzentration an entzündungsfördernden Fettsäuren im Blut bei den Fischöl erhaltenden Hunden deutlich geringer als in der Kontrollgruppe. In dieser Studie konnte also die durchschnittliche Gabe von 68,9 mg pro Kg Omega-3-Fettsäuren durch Fischöl tatsächlich eine Verbesserung für die Hunde bewirken.

Damit reiht sich diese Studie in weitere Arbeiten ein, die dafür sprechen, dass bestimmte Omega 3 Fettsäuren eine sinnvolle Nahrungsergänzung bei Beschwerden durch Arthrose sein könnten.3456

Fazit

Die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA scheinen die Verfügbarkeit entzündungsfördernder Stoffe zu reduzieren. Sie haben somit das Potenzial, unter Arthrose leidenden Hunden zu helfen. Die langfristige Verfütterung in höheren Dosen kann zu weniger Schmerzen, Entzündungen und einer verbesserten Beweglichkeit beitragen. Um auf die notwendige Menge dieser Fettsäuren zu kommen, bietet sich Fischöl wie Lachsöl oder speziell aufbereitetes Algenöl an. Wie bei jedem Nahrungsergänzungsmittel kann es auch hier zu Nebenwirkungen kommen. Die für eine Arthrosebehandlung notwendigen hohen Dosierungen können zu einer verschlechterten Wundheilung führen und sind daher vor einer Operation abzusetzen. Um eine Belastung des Hundekörpers mit Schwermetallen zu vermeiden, muss auf eine hohe, geprüfte Qualität des Öls Wert gelegt werden.7 Zudem muss die Verwendung mit dem Tierarzt oder der Tierärztin des Vertrauens abgesprochen werden.

Titelbild von hit thatswitch

  1. Johnston, S. A. (1997). Osteoarthritis. Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice, 27(4), 699723. doi:10.1016/s0195-5616(97)50076-3

  2. Conzemius, M. G., & Evans, R. B. (2012). Caregiver placebo effect for dogs with lameness from osteoarthritis. Journal of the American Veterinary Medical Association, 241(10), 1314–1319. doi:10.2460/javma.241.10.1314

  3. Mehler SJ, Maya LR, King C, Harris WS, Shah Z. A prospective, randomized, double blind, placebo-controlled evaluation of the effects of eicosapentaenoic acid and docosahexaenoic acid on the clinical signs and erythrocyte membrane polyunsaturated fatty acid concentrations in dogs with osteoarthritis. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2016;109:1-7

  4. A multicenter study of the effect of dietary supplementation with fish oil omega-3 fatty acids on carprofen dosage in dogs with osteoarthritis J. Am. Veter-. Med. Assoc., 236 (2010), pp. 535-539

  5. J.K. Roush, A.R. Cross, W.C. Renberg, et al. Evaluation of the effects of dietary supplementation with fish oil omega-3 fatty acids on weight bearing in dogs with osteoarthritis

  6. J.K. Roush, C.E. Dodd, D.A. Fritsch, et al. Multicenter veterinary practice assessment of the effects of omega-3 fatty acids on osteoarthritis in dogs

  7. Lenox CE, Bauer JE. Potential adverse effects of omega-3 fatty acids in dogs and cats. J Vet Intern Med 2013; 27(2):217-226.