Welpen und Junghunde richtig Füttern -Teil 1: Der häufigste Fütterungsfehler
Anna Pietschmann
am Donnerstag, 19 November 2020Die Zeit von der Geburt bis zum Erreichen der Endgröße ist in vielerlei Hinsicht wegweisend für das gesamte Hundeleben. Während der junge Hund heranwächst, beeinflussen mehrere Faktoren die Entwicklung seines Skeletts und der Gelenke.
Auch wenn die individuelle genetische Ausstattung des Vierbeiners den größten Einfluss auf die Geschwindigkeit und den Verlauf des Wachstums hat, spielen auch Umweltbedingungen eine Rolle. Eine besondere Bedeutung besitzt dabei die Ernährung des jungen Hundes. Die Art und Menge des Futters können sich auf das Wachstum des Hundes auswirken. Versäumnisse und Fehler während dieser sensiblen Phase haben das Potenzial, den Hund lebenslang zu beeinträchtigen.
Einflüsse auf das Wachstum des Hundes
Ein zu schnelles Wachstum ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Erkrankungen verknüpft, die langfristig zu schmerzhaften Schäden im Gelenk führen. Dazu gehören Fehlstellungen des Schulter-, Ellenbogen- und Hüftgelenks. Besonders bei größeren Rassen kann das beschleunigte Wachsen außerdem in verformten Beinen resultieren. Das liegt in diesen Fällen an den noch unzureichend mineralisierten Knochen der Gliedmaßen. Diese sind zu instabil, um dem verstärkten Druck und Zug der rasch zunehmenden Körpermasse standzuhalten. 123
Daher ist es äußerst wichtig, während des Wachstums eine Überversorgung mit Nahrungsenergie zu vermeiden. Erwachsene Tiere, die eine zu hohe Energiemenge gefüttert bekommen, lagern diese in Fettpolster ein. Der Hund wird durch die übermäßige Kalorienzufuhr also dick. Das Dilemma bei Welpen und Junghunden: Die erhöhte Energiezufuhr ist bei ihnen oft nicht direkt ersichtlich. Denn anstatt einfach Fettpölsterchen zu entwickeln, erhöht sich bei den jungen Hunden die Konzentration an Wachstumshormonen. Eine erhöhte Wachstumsgeschwindigkeit mit all ihren negativen Konsequenzen ist dann die Folge. 4
Mitunter ist es schwierig, die benötigte Energiemenge für den wachsenden Junghund akkurat zu bestimmen. Die Bedarfswerte, an denen sich viele Futtermittelhersteller und Futterpläne orientieren, sind für zahlreiche Tiere unpassend. Das liegt daran, dass der Energiebedarf etlichen Schwankungen unterliegt. Ursächlich für den unterschiedlichen Kalorienbedarf sind die Rassezugehörigkeit, die Haltungsbedingungen, das Bewegungspensum und die Temperaturbedingungen5.
Sowohl der äußerlich sichtbare Körperfettanteil als auch die vereinheitlichten Bedarfswerte für Junghunde eignen sich also in vielen Fällen nur unzureichend, um die Energieversorgung zu beurteilen. Geeigneter ist Studien zufolge der Vergleich von Größe und Gewichts des wachsenden Hundes mit den Daten von Wachstumskurven. In den sogenannten Wachstumskurven sind der Norm entsprechende Wachstums- und Gewichtsentwicklungen festgehalten. Sie existieren für verschiedene Hunderassen und Gewichtsklassen. Zeigen sich dann Auffälligkeiten durch eine zum Kurvenverlauf stark abweichende Gewichts- und Größenentwicklung, sollte die Fütterung angepasst werden.
Zusammenhang zwischen Wachstum und Gewicht bei jungen Hunden
Wissenschaftler/innen untersuchten Zusammenhänge zwischen Abweichungen von der Wachstumskurve und dem Gesundheitszustand. Fast 70 Prozent derjenigen Junghunde, deren Gewicht 10 Prozent überhalb des erwarteten Gewichts für ihr Alter lag, erlitten Erkrankungen des Bewegungsapparates.6 In einer aktuelleren Veröffentlichung wurde der Verlauf des Wachstums von 430 Hunden 11 verschiedener Rassen analysiert. Dabei wiesen die Junghunde, welche schwerer als das erwartete Altersgewicht waren, ein zu schnelles Wachstum auf.7
Ursachen für die Fütterung einer zu hohen Energiemenge
Hundebesitzer/innen sollten folglich darauf achten, eine dem individuellen Hund angepasste Kalorienmenge zu verfüttern. Eine Überversorgung mit Nahrungsenergie ist ein überdurchschnittlich häufig begangener Fütterungsfehler, der mehrere Ursachen haben kann.
- zu hohe Futtermegen des Hauptfutters (Fütterungsempfehlungen sind oftmals zu hoch angesetzt)
- ad libitum Fütterung (Welpe füttern, bis er satt ist)
- zu große Mengen an energiereichen Futterbelohnungen
- kalorienreiche Kauprodukte wie Ochsenziemer oder Rinderhautknochen
- mengemäßig unkontrollierte Zufütterung von Tischresten
Fazit
Fütterungsfehler während des Wachstums können zu Störungen des Wachstums und langfristigen Schäden des Bewegungsapparates führen. Besonders Hunde, die im Erwachsenenalter zu den größeren und schwereren Vierbeiner zählen, sind gefährdet. Häufig werden Welpen und Junghunde mit zu viel Energie versorgt. Die erhöhte Kalorienzufuhr erzeugt ein beschleunigtes Wachstum, was das Risiko für Erkrankungen der Knochen und Gelenke stark erhöht. Ob ein Hund zu viel gefüttert bekommt, ist oft nicht an der Körperform und anhand von Tastbefunden wie bei einem erwachsenen Hund zu erkennen. Auch ein augenscheinlich dünner Welpe kann überfüttert sein und daher ein zu schnelles Wachstum aufweisen. Empfehlenswert ist daher der Vergleich der Entwicklung des individuellen jungen Hundes mit den Werten der für ihn passenden Wachstumskurve.
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Kealy RD, Olsson SE, Monti KL, Lawler DF, Biery DN, Helms RW, et al. Effects of limited food consumption on the incidence of hip dysplasia in growing dogs. J Am Vet Med Assoc. 1992; 201: 857–863. ↩
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LaFond E, Breur GJ, Austin CC. Breed susceptibility for developmental orthopedic diseases in dogs. J Amer Anim Hosp Assoc. 2002; 38: 467–477. ↩
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Kealy RD, Lawler DF, Ballam JM et al. Effects of diet restriction on life span and agerelated changes in dogs. J Am Vet Med Assoc 2002; 220: 1315–1320 ↩
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Blum JW, Zentek J, Meyer H. Investigations on the influence of different energy sopply on growth performance and skeletal development of growing great danes. 2. Effects on the insulin-like growth factor I and on thyroid hormones. J Vet Med A 1992; 39: 568–574 ↩
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Dobenecker, Britta & Endres, V & Kienzle, Ellen. (2011). Energy requirements of puppies of two different breeds for ideal growth from weaning to 28 weeks of age. Journal of animal physiology and animal nutrition. 97. 10.1111/j.1439-0396.2011.01257.x. ↩
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Blum JW, Zentek J, Meyer H. Investigations on the influence of different energy sopply on growth performance and skeletal development of growing great danes. 2. Effects on the insulin-like growth factor I and on thyroid hormones. J Vet Med A 1992; 39: 568–574 ↩
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Carina Salt et al. Comparison of growth patterns in healthy dogs and dogs in abnormal body condition using growth standards, PLOS ONE (2020). DOI: 10.1371/journal.pone.0238521 ↩