Wie sinnvoll sind Welpenkurse?
Anna Pietschmann am Samstag, 5 Oktober 2019
Viele Hundeschulen und Vereine bieten Welpenkurse an. Sie sollen in der Regel dazu dienen, die Sozialisierung des Welpens zu erleichtern, erste Schritte in der Grunderziehung zu meistern und späteren Verhaltensproblemen vorzubeugen. Ob Welpenkurse diesbezüglich eine sinnvolle Maßnahme sind, ist durchaus umstritten. Wissenschaftler/innen haben nun in einer Studien untersucht, ob entsprechende Angebote für Welpen tatsächlich eine langfristige positive Auswirkung haben.
Kritische Lebensphasen
Als eine besondere Phase im Leben des Hundes gilt die sogenannte Sozialisierungsphase. Diese durchlaufen die meisten Hunde im Alter von 4-14 Wochen. Die im entsprechenden Zeitraum gemachten Erfahrungen wirken sich besonders nachhaltig aus und haben einen maßgeblichen Einfluss auf das weitere Leben des Vierbeiners. Das gilt für sämtliche Bestandteile des Sozialverhaltens, also die Interaktion und Kommunikation mit Artgenossen und Menschen. Aber auch für generelle Umwelterfahrungen. Hunde, die in der Sozialisierungsphase nur eingeschränkt mit verschiedenen Eindrücken der Umwelt konfrontiert werden, können sich lebenslang ängstlich in neuen Situationen zeigen.1 Ein wesentliches Anliegen von Welpenkursen ist daher, in dieser sensiblen Phase dem Welpen optimale Lernerfahrungen zu ermöglichen.
Wissenschaft für Welpen
In der Studie zu Welpenkursen verglichen die Forscher/innen zwei verschiedene, aber im gleichen Zeitraum geborene Hundegruppen. Die Hunde der ersten Gruppe nahmen im Welpenalter an einem Welpenkurs teil, die zweite nicht.2
Der Welpenkurs bestand aus kurzen Einheiten zur Grunderziehung. Die grundlegenden Signale wie „Sitz“ und Platz“ wurden den Welpen mit Futterbelohnungen beigebracht. Zusätzlich erhielten die Welpen gezielten Kontakt zu fremden Menschen und zahlreichen Umweltreizen. Dabei nahmen angeleitete Handlingsübungen durch andere Personen einen großen Platz im Stundenpln ein. Hierzu zählten beispielsweise die Kontrolle der Ohren, das Abtasten des Bauches oder das Festhalten einzelner Pfoten. Die unterschiedlichen Durchführenden des Kurses trugen in jeder Stunde zudem verschiedene auffällige Kleidungsstücke, wie große Hüte oder Krücken. Am Ende der Kursdauer durften die Welpen einige Minuten lang miteinander kontrolliert spielen.
Als die Hunde beider Gruppen dann knapp über ein Jahr alt waren, füllten die Besitzer einen umfassenden Fragebogen zum Verhalten ihres Hundes aus. Bei dem Fragebogen handelte es sich um den sogenannten C-BARQ. Er ermöglicht es, das Temperament, typische Verhaltensweisen und Problemverhalten des jeweiligen Hundes auf eine standardisierte Weise zu erfassen und diese in ein Klassifikationssystem einzuordnen.
Neben dem Besuch eines Welpenkurses gibt es natürlich noch zahlreiche andere Faktoren, die einen maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten haben. Mehrerer dieser möglichen Einflüsse wurden bei der Analyse der Daten berücksichtigt. Zusätzlich zu den Fragebogenangaben wurden daher beispielsweise eine Kastration, der Kastrationsgrund, das Geschlecht und das allgemeine Aktivitätslevel erfasst. Ebenso berücksichtige die Analyse, ob die Besitzer zuvor schon Hunde besaßen.
Positive Effekte
Die ausgewerteten Daten ergaben, dass der Besuch vom Welpenkurs einige positive Auswirkungen hatte. Die Hunde, welche keinen Welpenkurs besuchten, zeigten wesentlich häufiger Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden. Zusätzlich wiesen diese Hunde öfter Angst vor verschiedensten Umweltreizen auf. Besonders deutlich war der Unterschied beider Hundegruppen auch im Bereich der körperlichen Manipulation. Im späteren Alter waren die dem Welpenkurs ferngebliebenen Hunde wesentlich berührungsempfindlicher und intoleranter gegenüber Maßnahmen wie einem Festhalten, dem Schneiden der Nägel oder Untersuchungen durch den Tierarzt. Vierbeiner, welche am Kurs teilnahmen, waren zusätzlich seltener geräuschempfindlich. Möglicherweise ist sowohl bei den körperlichen Manipulationen als auch bei den Geräuschen die gezielte, schrittweise Konfrontation im Rahmen der Welpenkurse für das Ergebnis verantwortlich.
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie gibt Hinweise darauf, dass der Besuch eines Welpenkurses möglicherweise mehrere langfristige, positive Auswirkungen hat. Dazu gehören insbesondere eine erhöhte Toleranz, Pflege- und Untersuchungsmaßnahmen auszuhalten. Problematisches Verhalten in diesen Bereichen sorgt oft für eine reduzierte Lebensqualität in der Hund - Halter Gemeinschaft bis hin zur Abgabe oder Euthanasie des Tieres. Nützlich sind wahrscheinlich auch die abgestuften Konfrontation mit verschiedensten Umweltreizen im Rahmen gut geführter Welpekurse. Sie können gegebenenfalls dem Hund dabei helfen, im Erwachsenenalter weniger geräuschempfindlich und toleranter gegenüber Umweltreizen zu sein.
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Scott, J.P., Fuller, J.L., 1965. Genetics and the Social Behavior of the Dog. University of Chicago Press, Chicago, pp. 89e108, 110-112, 117-150, 293 ↩
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González-Martínez, A., Martínez, M.F., Rosado, B., Luño, I., Santamarina, G., Suárez, M.L., de la Cruz, L.P., Diéguez, F.J., (2019). Association between puppy classes and adulthood behavior of the dog. Journal of Veterinary Behavior ↩