Warum zeigen manche Hunde unangemessenes aggressives Verhalten gegenüber Artgenossen oder Menschen? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn oft spielen verschiedenste Ursachen eine Rolle. Ob sich die Persönlichkeit des Hundehalters und auf das Aggressionsverhalten des Vierbeiners auswirkt, ist die Fragestellung in einer interessanten Studie.

Was ist Persönlichkeit

Als Persönlichkeit wird die Gesamtheit unserer charakteristischen Eigenschaften, Einstellungen und Denkmuster verstanden. Diese machen unsere individuelle Persönlichkeit aus und führen zu typischen Verhaltensweisen. In der Psychologie gibt es verschiedene Ansätze, die Gesamtpersönlichkeit eines Menschen zu beschreiben und einzuordnen. Besonders etabliert ist in dieser Hinsicht das Fünf-Faktoren-Modell. Im Zentrum stehen dabei fünf wesentliche Persönlichkeitsmerkmale. Von diesen Merkmalen besitzen Personen jeweils unterschiedliche Ausprägungen.

So gibt es beispielsweise das Merkmal Verträglichkeit. Dieses beschreibt, wie man andere Personen wahrnimmt und mit ihnen umgeht. Menschen mit einem niedrigen Grad an Verträglichkeit sind tendenziell gegenüber anderen Menschen eher misstrauisch, kritisch und wettbewerbsorientiert. Ein hoher Grad an Verträglichkeit geht hingegen mit Hilfsbereitschaft, Nachgiebigkeit und dem Willen zur Kooperation einher.

Bereits in früheren Untersuchungen wurden erste Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit des Hundehalters und dem Verhalten des Vierbeiners aufgedeckt. In einer Studie von Cocker Spaniel Besitzern zeigte sich beispielsweise, dass die Halter von besonders aggressiven Spaniels wesentlich häufiger gestresst und emotional instabil waren, als die Besitzer von unauffälligen Spaniels.1

Bindungstypen

Eine weitere Facette der menschlichen Persönlichkeit wird durch sogenannte Bindungsmuster beschrieben. Dabei handelt es sich um Verhaltensmuster, deren Ursprung in der frühen Kindheit liegen. Die Art und Weise, wie die Beziehung und Fürsorge von der wichtigsten Bezugsperson im Kleinkindalter erlebt wurde, prägen der Theorie zufolge lebenslang den zwischenmenschlichen Umgang. So führt die Erfahrung, dass die Bezugsperson keinen Rückhalt und keine Unterstützung bietet zum “unsicher vermeidenden” Bindungstyp. Im Erwachsenenalter kann das Resultat die Furcht vor Zurückweisung und das Meiden enger Beziehungen wie innerhalb einer Partnerschaft sein.

Viele Hundehalter stehen auch mit ihrem Vierbeiner in einem engen sozialen Verhältnis. Daher wird angenommen, dass sich die Bindungsmuster auch auf das Zusammenleben und die Beziehung mit dem Hund auswirken. Speziell für das Verhältnis von Tier und Mensch sind zwei Arten von negativen Bindungstypen definiert. Dabei handelt es sich zum einen um den ängstlichen Bindungsstil, bei welchem der Halter übermäßig klammernd und kontrollierend gegenüber dem Hund ist. Zum anderen gibt es den vermeidenden Bindungsstil. Hier vermeidet der Hundebesitzer engen Kontakt und Zuneigung zum Hund. Vierbeiner, deren Bezugsperson den vermeidenden Bindungsstil aufweist, zeigen häufiger Probleme beim Alleinbleiben.2

Was fördert Aggressionsverhalten?

Um nun mögliche Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit des Halters und dem Aggressionsverhalten seines Hundes aufzudecken, führten die Wissenschaftlerinnen zahlreiche Tests und Befragungen durch. Mittels Fragebögen wurden die Persönlichkeitstypen der Menschen innerhalb des Fünf-Faktoren-Modells und deren Bindungsstil gegenüber dem Hund ermittelt. Neben einem umfassenden Fragebogen zur Erfassung der Hundepersönlichkeit für die Halter absolvierten die teilnehmenden Vierbeiner zusätzlich noch einen Verhaltenstest. Bei dem Verhaltenstest handelte es sich um den schwedischen Mentaltest und insgesamt nahmen 40 Halter-Hund Paare teil.

Ein bedeutsamer Zusammenhang deckten die Forscherinnen vor allen Dingen bezüglich des Persönlichkeitsfaktors “Neurotizismus” auf. Personen mit hohem Grad an Neurotizismus sind emotional instabil, schnell ängstlich oder besorgt und reagieren in vielen Situationen mit Nervosität. Die Vierbeiner von Hundehaltern mit hohen Neurotizismuswerten zeigten sich als diejenigen, mit dem ausgeprägtesten Aggressionsverhalten gegenüber Menschen und Artgenossen.

Ein weiterer interessanter Zusammenhang wurden auch bei den Vierbeinern von Besitzern mit einem vermeidenden Bindungsstil gefunden, der durch die Vermeidung von Zuneigung und Rückhalt ist gegenüber dem Tier charakterisiert ist. Diese Hunde zeigten häufiger Aggressionsverhalten, welches sich gegen den Besitzer richtet.

Eine Vermutung der Forscher/innen bestand darin, dass Hunde von Besitzern mit ängstlichem Bindungsstil eher Aggressionsverhalten gegenüber fremden Menschen zeigen würden. Gekennzeichnet durch starke Anhänglichkeit, permanente Suche nach Nähe und einem hohen Bedürfnis nach Kontrolle, erhöht dieser Bindungsstil in Mutter-Kind Beziehungen einigen Daten zufolge das Risiko für Aggression.3 In Hund-Mensch Verhältnissen konnte diese Vermutung im Rahmen der Studie nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, die Hunde mit starkem Aggressionsverhalten gegenüber fremden Menschen hatten häufiger Besitzer, die nur wenig Nähe und Zuneigung zum Vierbeiner suchten.4

Fazit

Die Studie liefert Hinweise, dass hohe Neurotizismuswerte des Halters ein Risikofaktor für aggressives Verhalten von Hunden gegenüber fremden Menschen und Artgenossen sein könnte. Die damit einhergehende Nervosität, das hohe Maß an Stress und die emotionale Instabilität haben möglicherweise einen negativen Einfluss auf die Verhaltensentwicklung. Dazu passen auch frühere Befunde, die eine Übertragung vom Stress des Menschen auf den Hund nahelegen. Für gegen den Besitzer gerichtetes Aggressionsverhalten wurde ein Zusammenhang mit dem Vermeiden von Nähe und engem Kontakt zum Vierbeiner gefunden. Übermäßige Anhänglichkeit und Klammern gegenüber dem Hund zeigte hingegen keinen negativen Effekt. Für die Praxis gilt es jetzt zu ermitteln, welche Hundetypen weniger anfällig auf den Stress und die Emotionalität des Besitzers reagieren sowie welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Aggressionsverhalten bei entsprechenden Hund-Halter Konstellationen sinnvoll sind.

Titelbild von Taro the Shiba Inu


  1. Podberscek, A. L., & Serpell, J. A. (1997). Aggressive behaviour in English cocker spaniels and the personality of their owners. Veterinary Record, 141(3), 73-76 

  2. Konok, V.; Kosztolányi, A.; Rainer, W.; Mutschler, B.; Halsband, U.; Miklósi, Á. Influence of Owners’ Attachment Style and Personality on Their Dogs’ (Canis familiaris) Separation-Related Disorder. PLoS ONE 2015, 10 

  3. Amani, R. Mother-infant attachment styles as a predictor of aggression. J. Midwifery. Reprod. Health 2016, 4, 506–512 

  4. Gobbo, E., & Zupan, M. (2020). Dogs’ Sociability, Owners’ Neuroticism and Attachment Style to Pets as Predictors of Dog Aggression. Animals, 10(2), 315.